Der Mann mit der Mundharmonika
In Bad Reichenhall kennt man ihn: den Hans Wetzelhütter, wegen seiner Heimat Steiermark in Österreich von seinen Kolleginnen und Kollegen einfach nur „Steirer Hans“ genannt. Seit 1993 arbeitet der gelernte Bäcker als Schaffner bei der Predigtstuhlbahn. Auch jetzt, im Ruhestand, lässt ihn die Bahn nicht los. Ein bis zweimal die Woche macht er Führungen an der Bergstation und taucht in die Geschichte der „Grande Dame“ ein.
Hans hat eine bewegte Lebensgeschichte, bis er bei der Predigtstuhlbahn seinen Traumjob als Schaffner beginnt. Aufgewachsen bei Zieheltern auf einem Bergbauernhof in den Fischbacher Alpen, ist seine Kindheit geprägt von der bäuerlichen Arbeit daheim und langen, mühsamen Schulwegen. Zukunftsperspektiven gibt es kaum, die Gegend ist arm, und so macht Hans nach der Schule erst einmal eine Ausbildung zum Bäcker.
Für eine Zukunft nach Deutschland
Die Steiermark verlässt er 1972 für eine bessere Zukunft in Deutschland. Nach den ersten Jahren im Raum Stuttgart wird er mit seiner Frau im Berchtesgadener Land heimisch. Hier kann er eine Zeit als Bäcker arbeiten, und später auch als Hilfskoch auf der Stoisser Alm. Als er die Stellenanzeige von der Predigtstuhlbahn liest, bewirbt er sich kurzentschlossen und fängt 1993 als Schaffner an. Endlich wieder in den Bergen! „Anfangs sind wir Schaffner nur stumm mitgefahren und gaben lediglich die Fahrgastzahlen und Zeiten an den Betriebsleiter durch. Mir war das zu langweilig, und so habe ich den Gästen ein bisschen über die Bahn und die umliegenden Berge erzählt. Dass die Bahn 1.100 Höhenmeter und eine Strecke von 2.400 Metern in 8 1/2 Minuten überwindet, und dass man an klaren Tagen von der Bergstation bis nach München sehen kann. Mit der Zeit habe ich dann gewagt, meine Mundharmonika aus der Tasche zu ziehen und ein kurzes Volkslied zu spielen. Die Leute mochten und mögen das noch heute“, freut er sich. In seinen Dienstjahren bei der Predigtstuhlbahn hat Hans viele Begegnungen mit Menschen gehabt, auch mit prominenten Schauspielern oder Politikern. „Das waren schöne Erlebnisse. Ich traf sogar Horst Köhler oder Karlheinz Böhm mit seiner Familie, das war eine große Ehre und bleibt unvergessen.“
Mit Hans durch die Chronik der Bahn
Neben der Bahn ist Hans` große Leidenschaft das Radfahren. Jahrelang fuhr er täglich von Teisendorf bis nach Bad Reichenhall mit dem Rennrad. „Das hat mich fit gehalten, ich konnte nach einem Arbeitstag gut abschalten und kam entspannt daheim bei meiner Frau an. Als ich jünger war, bin ich auch große Strecken mit vielen Höhenmetern gefahren, jedes Jahr ging es zum Glockner und regelmäßig aufs Rossfeld.“ Inzwischen lässt es es ruhiger angehen, muss sich aufgrund einer Erkrankung schonen. Trotzdem mag er die Bahn und die Bergwelt oberhalb Bad Reichenhalls nicht ganz loslassen. Seitdem er nicht mehr als Schaffner arbeitet, nimmt er Fahrgäste ein bis zweimal die Woche mit auf seinen „Spaziergang durch die Chronik der Predigtstuhlbahn“. Ein Plakat an der Talstation informiert darüber, dass der Steierer Hans oben an der Bergstation auf interessierte Besucher wartet. Die kostenlose Führung rund um den Gipfel dauert etwa eine Stunde. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich, das schöne Mundharmonikaspiel vom Hans gibt es als I-Tüpfelchen obendrauf.
Jetzt gibt's was für die Ohren
Hört selbst wie Steirer Hans auf der Mundharmonika spielt - in traumhafter Kulisse!